Vortrag von David J. Anderson zu Fitness for Purpose

von Steffen Bleul

David J. Anderson der Gründer der Kanban Lean University hat es sich nicht nehmen lassen, neben seinem Advanced Kanban-Training in München noch einen öffentlichen Vortrag zu halten. Das Thema des Vortrages war „Fitness for Purpose - matching capability to customer expectations“. It-agile hat den passenden Konferenzraum organisiert und für passende Verpflegung gesorgt. Besten Dank! Der Andrang war groß, der Raum war voll. Sogleich hat David Anderson angekündigt die neuesten und heißesten Themen des letzten „Kanban Leadership Retreats“ in Portugal vorzustellen: „Sense & Respond“. 

 

David hat es geschafft perfekt von einem Thema zum Anderen zu leiten und dabei weder langweilig zu werden oder den Hörer abzuhängen. Der Vortrag war spannend, die Ideen sehr inspirierend. So konnte die späteren sehr fortgeschrittenen Ideen über „Sense & Respond“ verstehen. Der Vortrag war dazu in zwei Teile aufgeteilt; Eine einleitende Success Story von der Firma Blizzard Skis in Österreich und ein fiktives Beispiel aus der Pizza Branche. Danach der zweite Teil auf dem Flipchart mit Topics wie „Sense and Respond“, „Discovery Kanban“ und „Delivery Kanban“.

 

So und was hat es nun mit „Fitness for Purpose“ auf sich? Die Firma Blizzard Ski ist ein Skihersteller aus Österreich. Ein Premium Hersteller, der seit 1945 nur handgefertigte High End Skis produziert. Die produzierten Innovationen der Firma werden seit Jahren auf Veranstaltungen mit Preisen ausgezeichnet. Hauptabnehmer, der Skis, sind die Alpenanliegenden Länder. Im Jahre 2008 war die Firma mit dem Umstand konfrontiert, dass die Händler wegen den milden Wintern von 2006 und 2007 noch übermäßige Bestände der Vorjahresmodelle hatten und entsprechend 2008 verminderte Bestellungen aufzugeben. Da auch schon in 2007 der Auftragsbestand milde ausfiel war die Firma in einer schweren finanziellen Lage.

 

Auch der Markt von Skiproduzenten und Skihändlern hat besondere Merkmale. Skis werden auf Bestellung und nicht auf Prognose produziert. Ein Skimodell für 2007 wird bereits in der Wintersaison 2006 bestellt. Dementsprechend ist auch die Produktion ausgelegt. Ein 2007er Skimodell wird bereits im Frühjahr produziert. Eine Lead Time für ein Skimodell von fast einem Jahr! Die Lage wird dadurch noch dramatischer, dass die Händler anfingen ihre Bestellungen bis Mitte des Jahres hinaus zu zögern. Blizzard Ski musste deswegen anfangen Skis auf Prognose anstatt auf konkrete Bestellungen zu produzieren. Einige Modelle blieben liegen und andere konnten nicht schnell genug nachgeliefert werden. Die Kosten blieben, während die Erträge schwanden.

 

Die Antwort aus dem Management des italienischen Mutterkonzern kam sofort: Kosteneinsparungen und Zentralisierung. Die Niederlassungen in Österreich wurden in reine Fabriken umgewandelt, die Bestellungen wurden ausschließlich in Italien bearbeitet. Die Masse an individuellen Bestellungen wurden mit einem SAP System verwaltet. Nicht nur dass das System mehr gekostet hat als die Einsparungen, der Umweg über den italienischen Mutterkonzern hat einen Monat in Anspruch genommen und die Lead Time verkürzt und damit den Skibau noch unvorhersehbarer gemacht. Die Kosten sind weiter gestiegen. Die Lösung war keine Lösung, sie machte Blizzard Ski nicht „Fit for Purpose“.

 

Was ist nun „Fit for Purpose“ im Kontext Blizzard Ski? In einer Zeit extremer Klimaveränderungen musste die Produktion solange verzögert werden, bis konkrete Bestellungen eintrafen. Blizzard Ski musste ganz einfach doppelt so schnell produzieren. Dann konnte man die Händlerreaktionen abwarten und gezielt für die nächste Wintersaison produzieren. Blizzard Ski wurde der erste Lean Ski Hersteller der Welt. Die Produktion wurde radikal auf ein Fließbandverfahren umgestellt, mit dem trotzdem handgefertigte Skis produziert werden konnten. Noch besser, da die Produktion der Skis bereits in seachs Monaten abgeschlossen waren konnten die restlichen sechs Monate des Jahre für die Verbesserung des Produktionsprozeses genutzt werden. Blizzard Ski ist daher in der Lage jedes Jahr noch besser zu werden.

 

„Fit for Purpose“ ist kein goldener Hammer für jeden Branchenzweig. Es zeigt, dass Verbesserungen immer im Kontext gesehen werden müssen. Dazu brachte David J Anderson noch ein Beispiel eines Pizzalieferanten. Eine Pizza verkauft sich nicht allein über den Geschmack, der Erfolg kommt erst, wenn er die Erwartungen des Kunden trifft. Ein Softwareteam, das im Rahmen einer Deadline Überstunden macht, kann vielleicht mit einer Lieferzeit von einer Stunde leben. Eine Mutter, die drei pizzabegeisterte Kinder hat, ist selbst schon eine Lieferzeit von 30 Minuten nicht akzeptabel. Das Team kann mit einer falschen Pizza in der Lieferung leben, für ein Kind geht die Welt unter, wenn es die falsche Pizza bekommt. Wenn ein Pizzalieferant erfolgreich sein will muss er lernen, die Erwartungen der Kunden zu heraus zu finden „Sense“.

 

Eine Aufgabe, für die Kanban wie gemacht ist. Man fängt damit an, die Arbeitsabläufe zu „Kanbanisieren“ indem man die gesamte Wertschöpfungskette auf einem Kanban Board darstellt. Jede Lieferung muss mit geeigneten Metriken gemessen werden. Den Fitness Kriterien. Nach jeder Verbesserungsmaßnahme muss überprüft werden, ob eine Maßnahme die Fitness Kriterien verbessert. Geeignete Maßnahmen werden beibehalten, nicht geeignete Maßnahmen werden rückgängig gemacht. Erfolg stellt sich wenn, wenn die Fitness Kriterien dem Purpose einer Firma entspricht. Die Agilität eines Unternehmens wird darin bestimmt, wie schnell sich eine Firma auf den Kunden, bzw. Fitness Kriterien einstellen kann.

 

Damit waren wir dann bei den aktuellen Themen aus Portugal zu denen David J Anderson noch zwei Skizzen auf einem Flipchart machte. „Fitness for Purpose“ kann danach in zwei Kategorien geteilt werden, dem eigentlichen Produkt oder Service (Discovery), den eine Firma anbietet, und dem Lieferprozess an sich (Delivery). Ziel ist es beides in einen D&D Kanban unterzubringen. Kanban bietet von Haus aus Unterstützung für „Delivery Kanban“, in dem es darauf hinaus zielt die Lead Time zu verkürzen. Dagegen muss ein „Discovery Kanban“ sich darauf konzentrieren Fitness Kriterien für ein Produkt oder Service aufstellen, die es zu verbessern gilt. 

 

Lean Startup ist bereits ein konkretes Beispiel für den Aspekt der Produktförderung wie „Discovery Kanban“. David findet den Begriff „Lean Startup“ zumindest in der Finanzbranche nicht sehr förderlich. In der Finanzbranche wird erstens Lean ganz anders gehandhabt, als in der Softwarebranche, und außerdem sind Startups etwas, dem die Finanzbranche nur Geld gibt, wenn Sie bereit sind, hohes Risiko einzugehen. Auch für D&D Kanban wird noch ein geeigneterer markttauglicher Name gesucht. Das noch zu etikettierende Verfahren soll, laut seiner Aussage, bereits nächstes Jahr Marktfähig sein.

 

Das führt uns final zum Thema „Sense & Respond“. Mit „Sense“ wird die Außenwelt bezeichnet, die mit geeigneten Fitness Kriterien abgebildet werden. Die aktuelle Fragestellung hier: Wie können wir dies effektiv tun? Diese Fragestellung ist noch sehr offen und wer ganz vorne mit dabei sein will, kann sich sehr gerne mit diesem Thema beschäftigen. Dagegen gibt es für „Respond“ bereits viele Antworten, wie geeignet mit Kapazitäten, Lieferzeiten und geeigneten Produkten und Diensten reagiert werden kann.

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Kommentare: 1
  • #1

    Latosha Rebuck (Samstag, 04 Februar 2017 07:38)


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