Spiele für Kanban

November-Treffen der Limited WIP Society München am 18.11.13:

von Oliver Finker

Es gibt viele Ansätze, Menschen, die noch keine Berührungspunkte mit der Kanban-Methode hatten, das Thema näher zu bringen. Ein effektiver Ansatz ist, die Grundprinzipien mit Spielen und kleinen Experimenten praktisch zu erläutern.

Das Treffen fand wie meistens in den Räumlichkeiten von it-Agile in der Rosenheimer Straße statt. Der Andrang war bereits im Vorfeld hoch, die Höchstzahl an Anmeldungen ist schnell erreicht; so ist es keine Überraschung, dass sich gegen 19:00 knapp dreißig Personen eingefunden haben. Der Abend beginnt mit einem launigen Austausch zwischen den regelmäßigen Teilnehmern und denen, die zum ersten Mal bei der Limited WIP Society dabei sind. Dazu gibt es kalte Getränke und eine Auswahl unterschiedlicher Pizze.

 Etwa eine halbe Stunde später eröffnet Wolfgang Wiedenroth den Abend mit ein paar Begrüßungsworten und einer Einführung über den Ablauf des Abends. In einem Marktplatz können alle Teilnehmer thematisch passende Spiele, die sie kennen oder dabei haben, einbringen und dann der Runde kurz vorstellen. Nachdem eine grobe Agenda zustande gekommen ist, geht es auch schon los mit dem ersten Spiel.

1, A, I

Beim ersten Spiel nehmen alle Anwesenden gemeinsam teil. Dabei bildet eine Person jeweils mit seinem Nachbarn ein Team. Pro Team gibt es jeweils einen Manager und einen Entwickler. Die Aufgabe des Entwicklers ist, eine Tabelle zu erstellen, in der es drei Spalten gibt. In der ersten Spalte sollten die Zahlen von 1 bis 26 stehen, in der zweiten Spalte die Buchstaben von A bis Z und in der dritten Spalte die römischen Zahlen von I bis XXVI. Der Manager ist dabei dafür verantwortlich, auf die Korrektheit des Ergebnisses zu achten, den Entwickler anzutreiben und zu motivieren und mittels einer Stoppuhr zu bestimmen, zu welchen Zeiten eine Spalte begonnen und abgeschlossen wurde.

 Der Clou daran ist, dass diese Arbeit zweimal durchgeführt wird. Beim ersten Durchgang müssen die Entwickler die Tabelle Zeile für Zeile erstellen. Dadurch sind die Anfangszeiten und die Fertigstellungszeiten für alle drei Spalten nahezu identisch. Beim zweiten Durchgang müssen die Entwickler die Tabelle Spalte für Spalte fertigstellen, die zweite Spalte wird also erst begonnen, nachdem die erste Spalte fertig ist.

 Nach den beiden Durchgängen werden die Zeiten miteinander verglichen und festgestellt, dass die Arbeit im zweiten Durchgang generell schneller beendet wurde. Die Manager erklären auf Nachfrage, dass beim ersten Durchgang mehr Fehler gemacht wurden. Nach einer Diskussion darüber, was denn für den Unterschied zwischen den Zeiten verantwortlich ist (Stichwort „Context Switching“) und welche Bedeutung das im Arbeitsalltag hat, wird damit der Kreis zum Thema Kanban und das Prinzip der Reduzierung des WIP geschlossen.

Schiffchen falten

Dieses Spiel ist in fast jedem Kanban-Workshop anzutreffen und so durfte es auch an diesem Abend nicht fehlen. Dabei setzt sich eine Gruppe von sieben Personen an die Längsseite von zwei Tischen, so dass die Personen eine Kette bilden. Die ersten fünf Personen in der Kette haben dabei die Aufgabe, Schiffchen aus DIN A4 Blättern zu falten, wobei jede Person einen fest definierten Arbeitsschritt befolgen soll. Die vorletzte Person nummeriert das fertige Schiffchen mit einem Filzstift, die letzte Person notiert Nummer und Zeitpunkt der Fertigstellung auf einem Blatt Papier. Nach einer kurzen Weile markiert der Spielleiter ein Blatt Papier mit einem roten Filzstift; sobald das Schiffchen aus diesem Blatt das Ziel erreicht hat, endet der Durchgang.

 Durch die unterschiedlich komplizierten Arbeitsschritte der ersten fünf Personen kommt es schnell zu einer großen Menge an begonnenen Blättern und es bildet sich ein Rückstau. Es braucht entsprechend lange, bis all diese Blätter abgearbeitet wurden und das rot markierte Schiffchen das Ziel erreicht.

Im zweiten Durchgang wird das Pull-Prinzip bzw. ein WIP-Limit eingeführt: eine Person darf nun also nicht mehr unendlich viele Zwischenprodukte herstellen, sondern erst dann fortfahren, wenn die nachfolgende Person ein Zwischenprodukt abgeholt hat; erst dann ist wieder Kapazität frei. Auch hier markiert der Spielleiter nach der selben Zeit ein Blatt Papier mit einem roten Filzstift und das Spiel endet, wenn dieses Schiffchen das Ziel erreicht hat. Durch die Limitierung des WIP entstehen keine Rückstaus. Mit diesem Spiel lässt sich verdeutlichen, was in Kanban mit dem Begriff Durchlaufzeit gemeint ist und wie sich die Limitierung des WIP auf den Durchsatz auswirkt.

Show me your Data!

Auf dieses Spiel habe ich mich besonders gefreut. Dabei handelt es sich um eine Eigenentwicklung von Peter Rössler, die das Ziel hat, spielerisch den Teilnehmern beizubringen, wie man Durchlaufzeiten misst und wie man ein Spektral-Analyse Diagramm erstellt. Der Name des Spiels ist dabei eine Hommage an David Anderson – es ist also wichtig, auf korrekte schottische Aussprache („daahtaa“) zu achten. ;-)

 Das Spiel wird in einer Gruppe von sechs Personen gespielt und besteht aus mehreren Runden. Jede Runde besteht aus verschiedenen Aufgaben wie zum Beispiel das Aufblasen von Ballonen, das Sortieren von Karten oder das Erwürfeln einer bestimmten Zahlenkombination. Die Teilnehmer können selber planen und bestimmen, wie sie sich die Aufgaben untereinander aufteilen wollen und welche Strategien sie dafür anwenden. Für jede Einzelaufgabe wird die Durchlaufzeit erfasst; die Zeiten werden dann auf einem Flipchart oder einer Pinnwand erfasst, woraus sich im Laufe des Spiels ein Spektral-Analyse-Diagramm ergibt. Die gestellten Aufgaben sind abwechslungsreich, werden pro Runde anspruchsvoller und führten zu einigen lustigen Momenten.

Mehr dazu kann man in englischer Sprache auf Peter Rösslers Blog lesen:

 

http://proessler.wordpress.com/2012/10/04/learning-playfully-kanban-lead-time-spectral-analysis-chart-service-level-agreement/

getKanban

Parallel zu den anderen Spielen gab es für eine Gruppe die Möglichkeit, die deutsche Übersetzung der vierten Auflage von getKanban auszuprobieren. Als Spielleiter fungierte dabei Florian Eisenberg. Bei getKanban handelt es sich um ein Brettspiel, bei dem der Alltag in einer Software-Entwicklungs-Firma simuliert wird. Es gibt eine Reihe von Projekten, die die Projektphasen Konzeption, Umsetzung und Test durchlaufen müssen, bis sie released werden können. Für jedes fertige Projekt werden pro Runde Einnahmen generiert. Ziel des Spiel ist, durch eine Optimierung des Prozesses einen hohen Umsatz zu erreichen. So einfach ist das aber nicht: zu Beginn jeder Runde (entspricht einem Tag im Spiel) wird eine Ereigniskarte gezogen, die das Spielerlebnis stark beeinflusst und die Pläne der Gruppe durcheinanderbringt. Auch die Auswahl der Projekte erfordert, nachhaltige Entscheidungen zu treffen: manche Projekte bringen keinen direkten Gewinn, wirken sich aber auf das Spielgeschehen aus.

 Während des Spiels wird nicht nur fleißig diskutiert und geplant, sondern auch noch am praktischen Beispiel gelernt, wie man Control-Charts und Cumulative-Flow-Diagramme erstellt, und was man aus ihnen herauslesen kann. Leider ist der Ausmaß des Spiels zu groß, um es an einem Abend fertigspielen zu können; es machte den Spielern trotzdem eine Menge Spaß.

Fazit

Bei der reichhaltigen Fülle an Spielen war für jeden Anwesenden etwas dabei. Manche der Spiele waren so nachgefragt, dass sie mehrmals gespielt werden mussten. Für manche der Spiele, die beim Marktplatz vorgestellt wurden, blieb leider keine Zeit, da der Abend schon um 22:30 endete. Mir bereitete der Abend sehr viel Spaß und der Termin bildete damit einen gelungenen Jahresabschluss für die Limited WIP Society München.

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